Sonntag, 9. September 2007

9.September 2007 - Rueti - Ulm!!!

Geschlafen hatte ich gut, Frühstück war ok - und los ging's dem Ziel entgegen...

In Lonsee war ausgeschriebener Wandertag. Lauter Wanderer unterwegs - allerdings in entgegengesetzter Richtung. Einige meinten mir sagen zu müssen, dass ich die Richtung wechseln soll. Ich ging meinen Weg weiter und als ich aus dem Ort draußen war, erwartete mich ein interessanter Weg.




Dieser Weg führte mich auf eine Wachholderheide, die dann weiter Richtung B10 ging. Ein kleines Stück musste ich an der B10 Richtung Ulm entlang laufen. Die Straße ist an dieser Stelle neu an Scharenstetten vorbei gebaut worden. Seither mussten die Pilger die B10 überqueren, jetzt gibt es eine Unterführung. Nach der Unterführung zeigte der Wegweiser nach rechts - also wieder zurück. Oh nein, dachte ich, ich kann da sicher auch geradeaus gehen, ich muss da jetzt nicht so einen Bogen machen. Schlauer als der Heilige Jacobus wollte ich sein. Ja was soll ich sagen - am Ende war ich dann wohl irgendwann wieder auf dem Jakobsweg, aber der Weg war nicht schön, ich musste an der Straße entlang laufen. Wieder mal hatte ich was für mich gelernt auf dem Jakobsweg...

Über Temmenhausen ging es weiter nach Mähringen. Nur noch einen Hügel und dann war ich in Ulm. Die Aussicht ließ mich meine ganze Kraft mobilisieren. Es ging bergab und lt. Beschreibung über eine Wiese Richtung Ulm-Eselsberg. Tja, irgendein Bauer hatte sich ausgedacht, mir noch eine kleine Hürde zu stellen. Die Muschel lag in der Weide auf dem Boden, die Schafe hatten das Schild umgenagelt. Wohin jetzt? Ich musste auf jeden Fall die Bergweide hoch, so viel war klar, aber wie??? Zwischen Weidezaun (Stacheldraht) und abgesteckter Schafweide (Elektrozaun) war ein schmaler Weg. Also: Augen zu und durch....





Mit meinen Stöcken hab ich versucht, den Elektro-Zaun mir vom Leibe zu halten und Schritt für Schritt bin ich vorwärts gegangen. Oben erwarteten mich Schlehenbüsche ohne Ende, die kein einziges Loch zum Durchschlüpfen übrig ließen. Da konnte ich nicht durch. Also - zurück!!! Es war wirklich nur der eiserne Wille nach Ulm zu kommen, der mich das mittags gegen 15 Uhr noch durchstehen ließ. Als ich unten war, machte ich kurzerhand das Gatter der Weide auf und ging quer durch die Weide nach oben. Wenn da ein wilder Stier gekommen wär... Aber ich war ja auf dem Jakobsweg... Steil ging's nochmal nach oben Richtung Ulm-Eselsberg. Abgekämpft kam ich bei der Uni raus. Zwei Mädels kamen mir entgegen. "Suchen Sie den Pilgerweg?" fragte mich eine. "Da müssen Sie hier weiter". Dankbar nahm ich den Hinweis an. Hinterher überlegte ich mir, dass ich wohl ziemlich fertig aussehen musste, wenn man mir das ansehen würde. Ich ging durch das Uni-Gelände - ja und dann sah ich ihn: Den Turm des Ulmer Münsters... Unbeschreiblich das Gefühl! ICH HATTE ES GESCHAFFT!!!!!!



Samstag, 8. September 2007

8.September 2007 - Böhmenkirch - Rueti

Gestern gegen 23.45 Uhr kam das D1-Netz wieder. Es kam ein Piepston und ich wachte auf. Auf der Mailbox waren Nachrichten. Meine Mutter hatte Angst gehabt, weil sie mich nicht erreicht hat. Morgen früh ruf ich zurück, dachte ich, aber an Schlaf war nicht mehr zu denken. Immer wieder kamen Bilder vom gestrigen Tag wie Schnappschüsse in meinen Kopf. Der ganze Weg wurde verarbeitet und gespeichert.

Frühstück war ok und um 9 Uhr ging ich los. Die Wirtin hatte mich schon gewarnt, dass es bergauf und bergab gehen würde. In Sontbergen sah ich von weitem eine Holzfigur in einem Garten Stehen. Ich dachte es wäre der Heilige Jacobus, aber als ich davor stand, sah ich, dass es ein Mann mit Hut und einem Beil war. Zwei Männer standen bei der Figur und der eine erzählte mir, dass dort in dem Haus hinter der Figur der Weltmeister im Motorsägen wohnen würde und diese Figur gemacht hätte. Der Vater des Weltmeisters war der andere Mann. Er lud mich ein, die Kunstwerke seines Sohnes zu bewundern. Wir sind dann runter in den Garten. Dort standen ein paar Hütten, in denen die Kunstwerke zu sehen waren.

Ich ging weiter und irgendwann sah ich - einen Kaugummi-Automat. So einen richtigen, alten Kaugummi-Automat, wo man ein Geldstück in einen Schlitz stecken und den Hebel umdrehen muss. Ich hatte so ein Ding seit ewiger Zeit nicht mehr gesehen. Allerdings war er schon modern - man konnte eine 0,20 €-Münze reinstecken. Da konnte ich mich natürlich nicht beherrschen, das musste ich ausprobieren. Ich steckte die Münze rein, drehte am Hebel und eine total harte, weiße Kugel kam unten raus. Von wann die wohl war? Essen konnte ich sie nicht, aber Spaß hat es gemacht.





Irgendwie kam ich heute nicht wirklich schnell voran. Immer wieder bergab und gleich darauf ein böser Anstieg. Nicht so steil wie gestern, aber ständig auf und ab. Manche Wege waren auf Asfalt, manche nur Wiesenwege, manche Schotterwege - es war alles dabei. Die Beschriftung des Weges bis Ettlenschieß war nicht gut, aber ich hab den Weg mit Hilfe des Heiligen Jacobus gefunden ;-) Heut gab es Zwetschgen und Äpfel zum Essen. Und laufen, laufen, laufen... Die Strecke war Böhmenkirch - Gussenstadt (5,5 km) - Sontbergen (8 km) - Zähringen (3 km) - Ettlenschieß (6,5 km) - Lonsee Rueti (7 km).

Mein Quartier für heute Nacht ist das Gasthaus 'Zur guten Luft' in Ruetti. Heut Abend hab ich mir Kässpätzle und Salat gegönnt. Fotos gibt es heute wenig. Mir war irgendwie nicht nach Fotografieren. Der Tag war heftig... Morgen die letzte Etappe bis Ulm. Ich freu mich!

gelaufene km: 30 km
gelaufene Zeit: 8 Stunden
verbrauchte kcal: 2.290
davon 45% Fett - also 1.030 kcal

Freitag, 7. September 2007

7.September - Waldstetten - Böhmenkirch

HÄRTETEST!!!!!

Den ganzen Tag Regen und dann gleich verlaufen... aber der Reihe nach.

Kurz nach 6 Uhr bin ich aufgewacht. Geschlafen habe ich nicht wirklich gut. Eine Schnake hat meinen doch sehr erforderlichen Regenerationsschlaf gestört. Frühstück war ok. Ich lauf los und freue mich auf den Jakobsweg. Es geht los mit einem verwachsenen, wilden 'Alperossa'-Weg. Schon irgendwie komisch, aber eigentlich bin ich mir sicher, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Irgendwann komme ich aus dem Wald raus und trau meinen Augen nicht. Bin ich im Allgäu gelandet??? Es sollte der Krieghof sein...




Der Zusenhof war's dann. 1,5 Stunden umsonst gelaufen. Nein, umsonst war es nicht. Der Weg war schön, aber wenn ich wieder runter ins Tal gelaufen wäre, wäre ich wieder in Waldstetten gewesen. Ich ging auf die Häuser zu und fragte den Bauer, ob das der Krieghof wäre. Der schaute mich ungläubig an und fragte, ob ich mit dem roten Führer unterwegs sei. Da wär ein Druckfehler drin und alle würden hier bei ihm landen. Nein, mein Führer war blau, es lag ganz einfach daran, dass ich die Karte falsch gelesen hatte. Der Bauer erklärte mir den Weg: Skihütte Weiler, Hertlinsweiler, Weiler in den Bergen, Bargau. Zur Sicherheit sollte ich auf der Fahrstraße bleiben. Ja, das wollte ich nun nicht wirklich, so hatte ich mir das gestern vorgenommen, aber schien wohl für mich der sicherste Weg zu sein, überhaupt mal auf den Jakobsweg zu kommen. Landschaftlich liegt der Zusenhof genial. Es sah aus wie im Allgäu und ein wunderschöner Stier stand da auf der Weide. Oder ein Bulle oder halt eine männliche Kuh... ;-). In Hertlinsweiler fing es an zu regnen. Kurz nach 11 Uhr war ich dann endlich in Bargau...




Ich stand hier an meinem ersten 'Jakobsweg'-Schild, da kam ein Mann auf mich zu und fragte, ob ich Pilger sei. Nach meinem JA stellte er sich als Ortsvorsteher Wamsler vor und begrüßte mich offiziell in Bargau. Welch Ehre!!! Er erkärte mir den Weg, ich solle nicht dem Schild 'steiler Anstieg' folgen, sondern geradeaus weitergehen. Bei diesem Nebel würde sich der Anstieg nicht lohnen, da man keine gute Aussicht hätte. Er wünschte mir noch einen guten Weg und ich ging zur Muschel auf dem Bargauer Friedhof und setzte meinen ersten Jakobsstempel in meinen Pilgerpaß. Ein schönes Gefühl.




Dann ging ich noch in die Jakobskirche rein. Eine Frau sprach mich an, ob ich auf dem Jakobsweg pilgern würde. Auf mein JA hin erzählte sie mir, dass sie noch eine Etappe hätte und dann am Ziel - Santiago de Compostela - wäre. Sie wäre vor 10 Jahren in Konstanz gestartet und hätte die Schweiz, Frankreich und Spanien durchquert. Jedes Jahr eine längere Strecke. Nächstes Jahr will sie den Rest bis zum Grabe des Heiligen Jacobus gehen. Auch sie wünschte mir viel Glück. Die Bargauer sind sehr nett zu Pilgern, ein Mann zeigte mir seinen Kakteengarten und wir haben uns ne Weile unterhalten. Dann kam der Mega-Anstieg... Über eine Stunde steil bergan!! So steil wie hoch zum Hohberg. Es war nur heftig. Irgendwann war kein Weg mehr zu sehen. Alles war in Regen und Nebel eingehüllt.






Herr Wamsler hatte mir schon erzählt, dass das Bargauer Horn der höchstgelegendste Punkt zwischen Rothenburg und Konstanz sei. Es war nur heftig... Ich dachte es hört nie auf. Aber - alles hat mal ein Ende.







Der ganze Weg ging durch den Wald. Ausgezeichnet ist er sehr gut. Irgendwann so gegen 14 Uhr kam ich an der Falkenhöhle vorbei.




Kurz überlegte ich, ob ich in die Höhle einsteigen soll, aber ich hatte heut schon genug Abenteuer. Irgendwann - nach einer gefühlten Ewigkeit - war ich dann aus dem Wald draußen. Es nieselte unaufhörlich runter. Jetzt war alles Asfalt. Noch ca. 5 km bis Böhmenkirch = 1 Stunde. Zwischen Bargau und Böhmenkirch gibt es nur Wald, Wald, Wald und bissle Wiesen... Meine Kräfte waren ziemlich aufgebraucht und dann noch an der Straße laufen... Endlich kam ich dann doch in meiner Unterkunft - 'Landgasthof Lamm' - an. Das Zimmer war schön, das Essen - Tessiner Maultaschen - lecker. Es gab keinen Empfang für das Handy. Aber anscheinend ging an diesem Tag nichts mehr bei D1. Nach dem Duschen und Einölen der Beine fühlte ich mich wieder besser und freute mich auf den Schlaf.

gelaufene km: ich schätz mal 30-32 km
gelaufene Zeit: 8.28 h
verbrauchte kcal: 2822
bei 50% Fett - also 1411 kcal

Ziel der 2.Etappe erreicht. Freu mich, wenn morgen das Wetter besser ist. Ein Wort, das mich begleiten wird, ist 'Minimalist'. Die Wirtin sagte, wenn man pilgert wird man zum 'Minimalisten'. Wie wahr wie wahr...

Donnerstag, 6. September 2007

6.September - Weitmars-Waldstetten

Wo mein Jakobsweg anfängt, weiß ich, wo er aufhören wird? Das bleibt noch ein Geheimnis.

Ich wache auf und freu mich. Die Sonne scheint, ich habe gut geschlafen - mein 'camino' kann losgehen. Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Katharina, Picco und Simba - alle sind an diesem Morgen extra wegen mir so früh aufgestanden - pack ich die restlichen Sachen in meinen Rucksack und es gibt keinen Grund, länger zu warten. Der Rucksack ist schwer. Ich bin gespannt, wie ich ihn den Tag über 'ertragen' werde. Es ist das erste Mal, dass ich mit Rucksack unterwegs bin.

Um 9.32 Uhr laufe ich los. Meine Stöcke habe ich dabei, mal sehen, ob sie eine Hilfe für mich sein werden. Nach 16 Minuten bin ich schon an der Waldhäuser Mühle, schnell noch den Berg hoch und ein letzter Blick auf Weitmars.



Das geht ja flott. Durch den Wald geh ich Richtung Lorch. Die Strecke ist schön, die Sonne scheint, auf den Wiesen liegt noch Regentau - einfach genial. Kurz nach 11 Uhr bin ich am Muckensee. Katharina sagte mir, dass sie gegen 11 Uhr losfahren würde. Ich warte ein paar Minuten und siehe da - es kommt der Twingo... Sie ist bei Oma zum Pfannkuchenessen eingeladen. Ich fuchtel wie wild mit meinen Stöcken, aber sie sieht nix.
Weiter geht es Richtung Schwäbisch Gmünd. Um 12.15 Uhr bin ich am EDEKA in der Weststadt, kaufe mir ein Käsebrötchen und einen Cappuccino. Tut gut einfach so dazusitzen und den Rucksack auf den Boden stellen zu können. Eine 'Nordic Walking-Schülerin' von mir kommt zufällig vorbei. Wir unterhalten uns eine Weile. Irgendwann seh ich, wie wieder Katharina vorbeifährt. Ich funke sie an und sie dreht um und kommt mit Picco zum EDEKA. Ich kaufe noch das Notwendigste ein, Bananen, einen Salat und Kekse. Dann sag ich nochmals Ciao zu meinen Beiden und mach mich auf den Weg Richtung Straßdorf. Der Weg ist steil und der Rucksack noch schwerer. Bis Straßdorf kenn ich den Weg, das letzte Stück bis Waldstetten geht's nach Gefühl.




Blick auf den Rechberg



Ich lauf die 2 km von Straßdorf nach Waldstetten an der Straße entlang. Ist nicht wirklich schön, ich werde die nächsten Tage versuchen, solche Wege zu meiden. Bei der ersten Gelegenheit kurz vor Waldstetten gehe ich auf einen Feldweg und laufe über die Wiesen weiter.
Kurz vor dem Ziel - Hotel 'Kaiserberge' - treffe ich einen Mann, den ich nach dem Weg zum Hotel frage. Er erklärt ihn mir und will wissen, wohin ich unterwegs bin. Ich erzähle es ihm und er antwortet: "Wenn ich Zeit hätte, würde ich Sie begleiten - egal, ob Sie es wollten oder nicht."
Ja, viele wollen den Weg gehen. Es gibt nur ein Ziel, keinen Weg. Was wir Weg nennen, ist Zögern.
Franz Kafka

Das Hotel 'Kaiserberge' ist sauber und ich freu mich, den Rucksack runterzutun und auf die Dusche. Die Beine spür ich nur ein kleines bißchen. Was sagt meine Pulsuhr?

gelaufene km: ca. 19
gelaufene Zeit: 5h17
verbrauchte kcal: 1610
davon Fett: 55% - also ca. 800 kcal.

kann ich mit dem Salat nicht reinholen ;-)



Der erste Tag war gut, ich wünsche mir, dass ich gut schlafen kann und morgen fit bin für die 2.Etappe, die mich dann endlich zum Jakobsweg führen wird.

BON CAMINO!!!






















Mittwoch, 5. September 2007

Auf dem Jakobsweg

Der Jakobsweg - momentan in aller Munde durch das Buch von Hape Kerkeling. Bei mir fing es schon viel früher an, nämlich mit dem Buch von Paulo Coelho 'Auf dem Jakobsweg' Tagebuch einer Pilgerreise nach Santiago de Compostela. Das Buch faszinierte mich. Natürlich habe ich das Buch von Hape Kerkeling auch gelesen, dazwischen waren aber auch andere 'Jakobsweg'-Bücher. Sehr schön zu lesen ist auch von Inka Ehrbar 'Der Jakobsweg: mein Weg - unser Weg 700 km zu Fuß'. Der Weg von Pamplona nach Santiago de Compostela wird aus Hundeaugen betrachtet - einfach schön...
Ja ich wollte ihn gehen - meinen Weg. Dieses Jahr war ich soweit. Normalerweise ist mein Motto 'Der Weg ist das Ziel', aber dieses Mal hieß mein Motto: 'Der Weg hat ein Ziel' - ULM.

Andere Wege gibt es viele,
mit Sonnen- und mit Regentagen,
sie bieten Rast und Schattenkühle -

und du bleibst leer im Unbehagen.

Doch dieser Weg - er ist der deine,
er fordert dich ins harte Jetzt,
er will von dir das letzte Eine,
er will dich ganz - nicht unverletzt.

Versag dich nicht - trau deinem Sehnen,
folg seinem inn'ren Rufen.
Und wird es auch ein Weg der Tränen,
er führt dich auf neue Stufen.

Es ist der Weg, der dich erwählt,
brich mutig auf ohn' Wanken.
Er ist's der dich mit Kraft beseelt,
du sollst nur geh'n - und danken!

Ja, ich bin dankbar, dass ich diesen Weg in dieser Form gehen konnte.


Danke für alles... manchmal ist Verzichten schwieriger als Kämpfen...
Wichtig ist, dass es dir gut geht! No ai mi